Die Geschichte des Roten Kreuzes ist mehr als 150 Jahre alt. So wurde 1863 in Baden-Württemberg die erste Rotkreuzgesellschaft der Welt gegründet. Die Idee, Menschen allein nach dem Maß der Not zu helfen, ohne auf Hautfarbe, Religion oder Nationalität zu achten, geht auf den Schweizer Henry Dunant zurück.
Henry Dunant war 1859 in Italien, als er die Folgen der Schlacht von Solferino miterlebte, einem entscheidenden Gefecht im Sardinischen Krieg. Überall lagen verwundete Soldaten, die weder professionelle Hilfe noch Versorgung fanden. Der 31-jährige Geschäftsmann vergass seine ursprüngliche Mission und kümmerte sich um die Verwundeten. Er wusch Wunden aus, verteilte Nahrung und Wasser und organisierte Nachschub. Dunant forderte Einheimische zur Hilfe auf, die sich einsetzten, ungeachtet der Nationalität der Verletzten. Als er erfuhr, dass österreichische Ärzte von den Franzosen gefangen gehalten wurden, verhandelte er mit dem französischen Herrscher, der die Teilnahme der Ärzte ermöglichte. So praktizierten sie erstmals den Grundsatz des Roten Kreuzes: alle Verwundeten werden neutral und gleich behandelt.
Henry Dunant verarbeitete seine Erlebnisse in Italien in seinem Buch „Eine Erinnerung an Solferino“. Es gilt bis heute als literarisches Meisterwerk, das die damalige europäische Gesellschaft aufrüttelte. Dunant schildert zunächst politische Hintergründe, Militärstrukturen und Kriegsstrategien, bevor er eindrücklich das Grauen der Schlacht beschreibt. Dabei vermeidet er jedes Wort des Triumphes – im Fokus stehen das Leid, die primitiven Verwundetentransporte und die miserablen Zustände in den Lazaretten.
Am Ende entwirft er seine Vision: eine freiwillige Organisation, die in Friedenszeiten vorbereitet wird, um in Kriegszeiten Verwundete durch engagierte Helfer zu versorgen. Dunant ließ 1.600 Exemplare auf eigene Kosten drucken und verschickte sie an Entscheidungsträger in ganz Europa. Die Resonanz war überwältigend – das Buch wurde ein Bestseller, Dunant über Nacht berühmt.
Einer der ersten Gratulanten war der Genfer Jurist Gustave Moynier. Als Präsident der Gemeinnützigen Gesellschaft Genfs lud er Dunant ein, seine Ideen vor zwanzig angesehenen Bürgern vorzustellen – darunter General Guillaume-Henri Dufour.
Die Versammlung beauftragte fünf Männer, einen Umsetzungsplan zu entwickeln. Aus diesem Kreis entstand das „Ständige Internationale Komitee“, das spätere Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK): mit Dufour als Präsident, Moynier als Vize, Dunant als Sekretär sowie den Ärzten Louis Appia und Théodore Maunoir.
1901 erhielt Henry Dunant für sein humanitäres Wirken den Friedensnobelpreis – gemeinsam mit Frédéric Passy.